Entsprechend meiner Philosophie sollten Pferde – ebenso wie Kinder – die Möglichkeit haben, ihre Kindheit unbeschwert zu genießen. Kinderarbeit ist streng verboten! Das sollte auch für Pferdekinder gelten…
In Zahlen heißt das: nicht vor dem 4. Lebensjahr mit der Arbeit unter dem Reiter beginnen. Allerdings gibt es immer spätreife Pferde, die sich auch mit 4 Jahren noch so sehr im Wachstum befinden oder geistig noch sehr „klein“ sind, dass eine Arbeit unter dem Reiter für zuviel Stress und nur mit körperlichen Schäden möglich wäre.
Das heißt aber nun nicht, dass man ein Fohlen 4 Jahre lang auf einer Koppel „verwildern“ lassen sollte! Frühe Gewöhnung an den Menschen ist ein absolutes „Muss“; Spielchen und Gehorsamsübungen an der Hand sowie Ausflüge als freilaufendes Fohlen mit der Mutter oder als Führpferd mit einem braven, erfahrenen Pferd sind Abwechslung und spielerisches Lernen zugleich. Später kommen „Arbeit“ am langen Zügel und an der Longe als Vorbereitung auf die Arbeit unter dem Reiter hinzu. Nach der Gewöhnungsphase an Sattel, Trense und Co. Kann dann langsam und geduldig mit der Gewöhnung an den Reiter begonnen werden. Hier zahlt sich Geduld und Ruhe doppelt und dreifach aus. Außerdem haben derart vorsichtig und langsam ausgebildete Pferde seltener mit den „typischen“ Pferdekrankheiten am Bewegungsapparat zu tun - und auch "Rodeos" erlebt man mit solch behutsam ausgebildeten Pferden so gut wie nie.
Die Pferdezucht ist eine kommerzielle Angelegenheit, da machen wir uns nichts vor. Ein professioeller Züchter verdient sich seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Pferden – je roher ein Pferd, desto weniger Geld gibt der zukünftige Besitzer dafür aus, schließlich muss noch viel Zeit, Arbeit – und meist auch Geld in die Ausbildung des Pferdes investiert werden. Also versucht ein Züchter, ein Pferd so schnell wie möglich „verkaufsfähig“ zu machen. Die Vorschriften der Turnierprüfungen für Jungpferde unterstützen ihn dahingehend, dass Prüfungen schon für 3-jährige angeboten werden (wann ein Pferd dafür angeritten werden „muss“, kann sich jeder ausrechnen) und dass es gewisse Altersgrenzen für Prüfungen gibt. Wer dort mitmischen will bzw. auf das s.g. „Scheckheft“ angewiesen ist, muss früh starten, um all diese Prüfungen überhaupt gehen zu können.
Und ein Bereiter verdient sich seine Brötchen u.a. auch damit, junge Pferde einzureiten und für den Turniersport vorzubereiten (s.o.) oder aber damit, verrittene Pferde wieder rittig zu machen. Der Bereiter bekommt dafür vom Besitzer des Pferdes gewisse Grenzen gesetzt, meist ist es der Geldbeutel des Besitzers, der die Länge der Ausbildung oder Korrektur bestimmt. Und wenn man einem Bereiter ein Pferd für beispielsweise 3 Monate gibt und gewisse Vorgaben macht, was das Pferd bis dahin zu können hat, kann der Bereiter entweder ablehnen (und Geld und Kundschaft verlieren) oder aber in den „sauren Apfel“ beißen und das Pferd (und sich!) unter Druck setzen…
Profis verkaufen ihre Pferde wieder und legen sich ein neues zu, wenn das „alte“ nicht mehr „funktioniert“; Freizeitreiter aber möchten ihre Pferde in der Regel „fürs Leben“ haben. Daher sollte man bei der Grundausbildung wie auch bei der weiteren Ausbildung Zeit und Geduld zu einer unabdingbaren Regel machen. Es läuft einem ja nichts weg (außer den Jungpferdeprüfungen…), aber das Pferd bleibt wesentlich länger gesund, wurde es schonend angeritten und ausgebildet! Außerdem entwickeln derart ausgebildete Pferde selten psychische Probleme.